Kein Verfall und keine Verjährung des Urlaubsanspruchs für Arbeitnehmer

Der gesetzliche Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) muss (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Allerdings erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Der Arbeitgeber muss daher konkret und in völliger Transparenz dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss ihn – erforderlichenfalls förmlich – dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt. Dies gilt auch für vertraglich vereinbarten Mehrurlaub, wenn für einen Regelungswillen der Arbeitsvertragsparteien, dass der vertragliche Mehrurlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder am Ende des Übertragungszeitraums unabhängig davon verfallen soll, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten entsprochen hat, keine deutlichen Anhaltspunkte vorliegen.

Nach der (unionsrechtskonformen) Auslegung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt auch die Verjährungsfrist für den Urlaubsanspruch erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten im Zusammenhang mit der Gewährung und Inanspruchnahme des gesetzlichen Mindesturlaubs erfüllt hat. Dasselbe gilt für den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub, wenn die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben (Bundesarbeitsgericht -Urt. v. 20.12.2022- Az.: 9 AZR 266/20).